Scheitert der Betriebsausgabenabzug an einer handgeschriebenen Bewirtungsrechnung?

von Monika Wyrobisch | veröffentlicht am 14.03.2023

Scheitert der Betriebsausgabenabzug an einer handgeschriebenen Bewirtungsrechnung?

Die formalen Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Bewirtungskosten haben es in sich. Nun hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 08. November 2021 – 16 K 11381/18 (=> NZB eingelegt, BFH-Az.: VI B 3/22) gegen die Finanzverwaltung entschieden, dass eine handgeschriebene Bewirtungsrechnung dem Abzug nicht entgegenstünde, weil dies im Gesetz so nicht geregelt sei.

Ob ein Betriebsprüfer das genauso so sieht, dürfe fraglich sein, solange die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg nicht durch den BFH bestätigt wird.

Daher empfehle ich dir, mit großer Sorgfalt die Bewirtungsrechnungen und Bewirtungsbelege in der geforderten Art zusammen in deinen Büchern oder Aufzeichnungen zu sammeln, in der vorgeschriebenen Form zu erfassen und aufzubewahren, damit dir keine böse Überraschung droht.

Die Form der Bewirtungsrechnung ist nicht allein entscheidend

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG dürfen folgende Betriebsausgaben den steuerlichen Gewinn nicht mindern:

Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung (dem Grunde nach) als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.

Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen, hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen.“

Geschäftlich veranlasste Bewirtungskosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) sind zudem einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 7 Satz 1 EStG). Vergleiche hierzu unsere anderen Beiträge:

Belegausgabepflicht bei Einsatz eines elektronischen Kassensystems

Bei Einsatz eines elektronischen Kassensystems gilt – eigentlich bereits seit 01. Januar 2020 – die neue Belegausgabepflichtgilt (§ 146a Abs. 2 AO, eingeführt mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassengesetz) vom 22. Dezember 2016).

Wegen technischer und tatsächlicher Verzögerungen hatte sich der Einführungstermin auf den 01. Januar 2023 verschoben, ist also nunmehr verpflichtend.

Mit der Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderung an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (KassenSicherungssVerordnung – KassenSichV) hatte das BMF bereits am 06.10.2017 die Anforderungen des § 146a der Abgabenordung (AO) präzisiert.

Sie bildet die rechtliche Grundlage für die Nutzung von Kassensystemen im geschäftlichen Umfeld. Vorrangiges Ziel ist dabei die Verhinderung von Manipulationen an Kassensystemen.

BMF zu den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen einer Bewirtungsrechnung

Welche formalen und inhaltlichen Voraussetzungen eine Bewirtungsrechnung – nun auch unter Berücksichtigung des Einsatzes elektronischer Kassensysteme – erfüllen muss, damit die Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, hatte das BMF mit Schreiben vom 30.6.2021, BStBl 2021 I S. 908 ausführlich erläutert.

Nun geht die Finanzverwaltung mit Ihren Forderungen in ihrem Schreiben noch einmal über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus und fordert „maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen“, wenn der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion i. S. d. § 146a Abs. 1 AO i. V. m. § 1 KassenSichV einsetzt.

BMF vom 30. Jun. 2021, BStBl. I S. 908 ersetzt BMF vom 21. Nov. 1994, BStBl. I S. 855

Formale Anforderungen einer Bewirtungsrechnung steht auf dem Prüfstand – Ausgang ungewiss.

Diese Verwaltungsanweisung stand in einem beim FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 8.11.2021 – 16 K 11381/18, EFG 2022 S. 575, NZB eingelegt, BFH-Az.: VI B 3/22) anhängigen Entscheidungsfall auf dem Prüfstand.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 08. November 2021 – 16 K 11381/18 (=> NZB eingelegt, BFH-Az.: VI B 3/22) gegen die Finanzverwaltung entschieden, dass eine handgeschriebene Bewirtungsrechnung dem Abzug nicht entgegensteht, weil dies im Gesetz so nicht geregelt ist. Ob ein Betriebsprüfer das ebenso sieht, dürfe fraglich sein, solange diese Auffassung nicht durch den BFH bestätigt wird.

Ich empfehle dir daher unbedingt, die formellen und inhaltlichen Vorgaben der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 30.6.2021) einzuhalten, damit du keine böse Überraschung bei einer Betriebsprüfung erlebst.

Sachverhalt

  • Der Kläger war im Streitjahr bei der B-AG mit einem Festgehalt beschäftigt. Er ist dort im Bereich „O“ tätig und für den Osten und Norden Deutschlands zuständig.
  • Der Kläger erhielt eine Spesenpauschale i. H. von 300 € monatlich brutto.
  • Reisekosten, Bewirtungsaufwendungen etc. musste er selbst tragen, auch wenn seine Aufwendungen die Spesenpauschale erheblich überstiegen.
  • Der Kl. ist kein klassischer Außendienstmitarbeiter, sondern vielmehr verantwortlich, die Arbeit der „O-Berater“ in seinem räumlichen Bereich zu organisieren. Dazu gehört insbesondere die Kontaktpflege und die Organisation, etwa der Kooperation mit dem P-Verband E, in deren Rahmen wiederum u. a. die Organisation von Veranstaltungen für die P (auch Fortbildungen zum Thema Haftungsrecht), die Präsenz auf den Veranstaltungen des P-Verbandes (Stand), Sponsoring und die Nennung auf der Website des P-Verbandes.
  • Die Tätigkeit des Klägers, die B-AG ins Gespräch zu bringen und in bestimmten Kreisen überhaupt bekannt und präsent zu machen, bringt die Notwendigkeit zahlreicher Geschäftskontakte mit sich.

Das Finanzamt erkannte bestimmte Reisekosten, Bewirtungsaufwendungen und Arbeitsmittel mangels (nachgewiesener) beruflicher Veranlassung nicht als Werbungskosten an.

Bei zwei Bewirtungen hat es die formelle Ordnungsmäßigkeit verneint, weil die Gaststättenbelege handgeschrieben und nicht maschinengedruckt waren.

Erläuterung des Urteils

Schritt 1 der Prüfung: Liegen überhaupt betriebliche Aufwendungen vor?

Im 1. Schritt der Prüfung ging das Finanzgericht anders als das Finanzamt davon aus, dass die im Streit befindlichen Bewirtungskosten betrieblich veranlasst waren und damit grundsätzlich dem Betriebsausgabenabzug zugänglich sind.

Anmerkung: Im Urteilsfall wird vom Werbungskostenabzug im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung gesprochen, tut aber hier nicht zur Sache, da der Abzug von Bewirtungsaufwendungen in gleicher Weise zu prüfen ist.

Schritt 2 der Prüfung: Sind alle Formalien eingehalten?

Im 2. Schritt erfolgte dann die formale Prüfung der Bewirtungsrechnung.

Das Finanzgericht erkannte im Entscheidungsfall aus formellen Gründen Bewirtungskosten über 150 € (seit dem VZ 2017: 250 €) nicht an, weil bei der Gaststättenrechnung nicht der Name des Einladenden (Zahlenden) vom Betreiber der Gaststätte in die Rechnung aufgenommen worden ist.

Außer bei Kleinbetragsrechnungen (§ 33 EStDV) müsse der Rechnungsaussteller den Namen des Bewirtenden vermerken (BFH, Urteil vom 27.6.1990 – I R 168/85, BStBl 1990 II S. 903, und BFH, Urteil vom 18.4.2012 – X R 57/09, BStBl 2012 II S. 770).

Schritt 3 der Prüfung: Ist die Rechnung materiell rechtlich in Ordnung?

Dieser 3. Schritt der materiellen Prüfung der Bewirtungsrechnung war im Urteilsfall nicht zu hinterfragen, weil in vorrangig über die formellen Voraussetzungen gestritten wurde; der Vollständigkeit halber sei dieser wichtige Schritt aber erwähnt.

Finanzgerichts-Entscheidung entspricht Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzgerichts-Entscheidung liegt damit auf einer Linie mit der Auffassung der Finanzverwaltung. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 30.6.2021) muss die Rechnung auch den Namen des bewirtenden Stpfl. enthalten; dies gilt nur dann nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 250 € (bis 2016: 150 €) nicht übersteigt.

Es bestehen nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 30.6.2021) bei einem Rechnungsbetrag über 250 € (bis 2016: 150 €) keine Bedenken, wenn der leistende Unternehmer (Bewirtungsbetrieb) den Namen des bewirtenden Stpfl. handschriftlich auf der Rechnung vermerkt. Ein Vermerk durch den Bewirtenden ist hingegen unzulässig.

Finanzgericht weicht von Auffassung der Finanzverwaltung ab und akzeptiert geschäftlich veranlasste Bewirtungskosten und handgeschriebene Rechnungen

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sind nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg geschäftlich veranlasste Bewirtungsaufwendungen allerdings nicht deswegen abzuerkennen, weil die Gaststättenrechnung handgeschrieben und nicht maschinengedruckt ist.

Für die Anforderung der Finanzverwaltung an eine maschinell erstellte und registrierte Rechnung finde sich im EStG keine Rechtsgrundlage.

Diese Auffassung des FG Berlin-Brandenburg ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Allerdings war diese Formalität der Preis dafür, dass der Kostenabzug von geschäftlich veranlassten Bewirtungskosten nicht weiter (z. B. auf 50 %) eingeschränkt wurde [1].


[1] Urteilsbesprechung von StB Michael Seifert in StuB Nr. 11 vom 10.06.2022 S. 433


Fazit und Empfehlung für die Praxis

Auch wenn das FG Berlin-Brandenburg sich nun in einem Punkt nicht der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen hat, empfehle ich dir unbedingt, die formellen und inhaltlichen Vorgaben der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 30.6.2021) zu beachten und unseren Beitrag „Wie „Wie muss eine Bewirtungsrechnung aussehen?“.

Denn in diesem Schreiben werden nicht nur die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für die „steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass in einem Bewirtungsbetrieb als Betriebsausgaben“ erläutert.

Sehr dezidiert äußert sich die Verwaltung dazu, welche Nachweisvoraussetzungen für digitale oder digitalisierte Bewirtungsrechnungen und Bewirtungsbelege ihrer Ansicht nach gelten.

Es ist daher sehr zu empfehlen, den Umgang mit Bewirtungsaufwendungen nicht nur in einer Buchungsrichtlinie oder Reisekostenlinie zu beschreiben, sondern vor allem in der Verfahrensdokumentation deines Unternehmens.


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