Steuerberater sind vom Gesetzgeber verpflichtet, so genannte Vorbehaltsaufgaben wie auch die vereinbaren Tätigkeiten einzelfallbezogen, in einwandfreier Qualität, mit hoher Sachkunde und persönlicher Integrität in Übereinstimmung mit ihrer Berufsordnung (BOStB) höchstpersönlich zu erbringen.
Die Honorierung dieser Tätigkeiten erfolgt nach der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) und muss in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistung, der Verantwortung und dem Haftungsrisiko des Steuerberaters stehen.
Zum besseren Verständnis erkläre ich im Folgenden den Unterschied zwischen den beiden Begriffen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Vorbehaltsaufgaben und wie werden sie abgerechnet?
Die „Vorbehaltsaufgaben“ (= den Steuerberatern vorbehaltene Aufgaben) sind in § 33 StBerG geregelt. Demnach haben Steuerberater die Aufgabe,
- ihre Auftraggeber ( = Mandanten) in Steuersachen zu beraten,
- sie vor den Finanzbehörden und Finanzgerichten zu vertreten sowie
- ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch
- die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit sowie
- bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, und deren steuerrechtliche Beurteilung.
Andere Berufsgruppen außer den in § 3 StBerG genannten dürfen grundsätzlich keine den steuerberatenden Berufen vorbehaltenen Aufgaben wahrnehmen.
Die Vergütung der „Vorbehaltsaufgaben“ erfolgt grundsätzlich nach der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) (vgl. § 64 Abs. 1 StBerG und § 1 StBVV), sofern der Steuerberater mit dem Mandanten keine davon abweichende Vergütungsvereinbarung (vgl. § 4 StBVV) abschließt.
Was sind vereinbare Tätigkeiten und wie werden sie abgerechnet?
Neben den „Vorbehaltsaufgaben“ i. S. von § 33 StBerG können Steuerberater Tätigkeiten ausüben, die mit dem Beruf vereinbar sind (§ 57 Abs. 3 StBerG). Klassische Beispiele für vereinbare Tätigkeiten sind (vgl. § 15 BOStB):
- die freiberufliche Unternehmensberatung (betriebswirtschaftliche Beratung),
- Mediation,
- Verwaltung fremden Vermögens,
- Halten von Gesellschaftsanteilen für Dritte (Treuhändertum),
- Wahrnehmung von Gesellschafterrechten,
- Beirat und Aufsichtsrat,
- Schiedsgutachter und Schiedsrichter,
- Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger, Nachlassverwalter, Vormund, Betreuer, Pfleger, Beistand,
- Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Sachwalter, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Liquidator,
- Notgeschäftsführer aufgrund gerichtlicher Bestellung,
- Mitglied in Gläubigerausschüssen,
- Hausverwalter und Wohnimmobilienverwalter,
- Dozent, Autor,
- Datenschutzbeauftragter, Geldwäschebeauftragter.
Auch Tätigkeiten von Steuerberatern im Zusammenhang mit den Corona-Hilfsprogrammen gehören zu den vereinbaren Tätigkeiten.
Die Vergütung für vereinbare Tätigkeiten ist nicht in der StBVV geregelt, sondern erfolgt, sofern nicht gesetzlich normiert (z. B. Insolvenzverwaltervergütung – InsVV) nach dem BGB.
Wird keine Vergütung vereinbart, gilt die „übliche Vergütung“ (§ 612 Abs. 2 BGB).
Was ist also der wesentliche Unterschied zwischen einer Vorbehaltsaufgabe und einer vereinbaren Tätigkeit?
Das Wesen des Freien Berufes als größte Gemeinsamkeit
Die größte Gemeinsamkeit von vorbehaltenen und vereinbaren Tätigkeiten liegt im Wesen eines freien Berufes begründet, das ihn von anderen beruflichen Tätigkeiten – vor allem gewerblicher – Berufsgruppen unterscheidet und nach Auffassung des Gesetzgebers eine Reglementierung beim Zugang und der Berufsausübung eines freien Berufes rechtfertigt.
Das Wesen eines freien Berufes ist durch höchstpersönliche Selbstständigkeit, geistige und wirtschaftliche Unabhängigkeit und eine intellektuelle Tätigkeit geprägt.
Identitätsstiftend für alle freien Berufe insgesamt ist die Verpflichtung, stets vorbehaltene und vereinbare Tätigkeiten von einwandfreier Qualität aufgrund besonderer Sachkunde und persönlicher Integrität zu erbringen.
Hohe Qualität als Markenkern freiberuflicher Tätigkeiten wird von allen Verbänden freier Berufe propagiert, weil Verbraucher, Patienten, Mandanten, Klienten und Kunden sie von den Freien Berufen zu Recht erwarten dürfen, vgl. Berufsrechte und Qualitätssicherung – BFB (freie-berufe.de)
Freiberufliche Tätigkeiten sind ihrer Natur nach auf den individuellen Einzelfall zugeschnitten und deshalb nicht vergleichbar mit standardisierten industriellen Prozessen und Gütern, die sich üblicherweise durch ein hohes Maß an Substituierbarkeit und durch die Möglichkeit zur Massenproduktion charakterisieren lassen.
Der Frage, ob die Gleichung „individuelle Einzelfallbearbeitung“ gleich „hohe Qualität“ immer aufgeht, werde ich an anderer Stelle nachgehen.
Die Honorierung macht den Unterschied
Die größte Unterscheidung zwischen den vorbehaltenen und den vereinbaren Tätigkeiten dürfte in ihrer Honorierung liegen:
- Die so genannten Vorbehaltsaufgaben werden wesentlich durch die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) bestimmt.
- Die vereinbaren Tätigkeiten werden vom Wettbewerb vorgegeben.
Reglementierung von Zugang und Ausübung eines freien Berufes
Der Rechtsrahmen für den Zugang zu einem freien Beruf und die Berufsausübung ist häufig strikt reglementiert.
Die Selbstverwaltung aus Kammern (für Steuerberater insbesondere Bundesteuerberaterkammer und Steuerberaterkammer zu Düsseldorf) und Verbänden der Freien Berufe, die Berufsrechte und insbesondere die aktuell im Fokus der Diskussion stehenden Prinzipien zum Umgang mit Fremdkapital und der Beteiligung Berufsfremder an Berufsausübungsgesellschaften, Honorar- und Gebührenordnungen und Vorgaben für die Rechtsform freiberuflicher Einheiten sind nach Ansicht des Bundesverbandes der Freien Verbände von systemischer Bedeutung.
Das Brüsseler Büro der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) führte zwischen Juni 2022 und Januar 2023 die umfangreiche Studie „Tax Professions in Europe“ zur Reglementierung der steuerberatenden Berufe in Europa durch: 23 berufsständische Organisationen aus 21 europäischen Ländern trugen dazu bei, ein aussagekräftiges Bild der berufsrechtlichen Reglementierungslandschaft in Europa abzubilden.
Obwohl die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass steuerberatende Berufe in Europa sehr vielfältig ausgestaltet sind, offenbaren sie auch mehr Gemeinsamkeiten und nationale Regulierungsansätze als häufig angenommen.
Quelle: Studie „Tax Professions in Europe“, BStBK 2023
Es bleibt spannend, die Entwicklung des Berufes im Kontext der Digitalisierung zu beobachten.
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